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Sanierung in der Krise
 
London im März 2020

London im März 2020

 
 

Sind wir gewappnet für die Insolvenzwelle? Sind richtiges Know-how und Ressourcen in der Sanierungsphase verfügbar?

In den vergangenen Wochen haben wir eine deutliche Zunahme von Insolvenzen im Bereich Einzelhandel mit prominenten Namen, wie z.B. Galeria Karstadt Kaufhof, Esprit, Hallhuber etc. gesehen. Aber auch wichtige andere Branchen, wie z.B. die Automobilzulieferer sind betroffen mit Veritas, TMD Friction, Sitronic etc.. Im Segment Hospitality meldeten u.a. das Hotel Sofitel in Berlin und die Restaurantkette Vapiano Insolvenz an.

Bisher galt die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zum 31.09.2020. Die Mehrzahl der Fachleute erwartete danach einen deutlichen Anstieg der Insolvenzen. Ob die nun geplante Aussetzung bis zum 31.12.2020 zu einem günstigeren Szenario führt, bleibt zweifelhaft.

Nach einer langen positiven Phase am Immobilienmarkt, in der die „Flut alle Boote steigen ließ“, deutet sich ein massiver Vorzeichenwechsel an. „Stagnation oder sogar Kontraktion statt Expansion“ bei Mieten, Preisen und Transaktionsvolumina. Restrukturierungsexperten und Work-out Spezialisten werden wieder gefragt sein.

Die Situation für Banken

In den vergangenen Jahren wurden parallel zu einem konstanten Aufschwung am Immobilienmarkt Problemkredite und folglich auch die Work-out Einheiten aller Banken systematisch reduziert.

Viele Mitarbeiter sind inzwischen anderweitig eingesetzt oder teilweise auch altersbedingt aus den Unternehmen ausgeschieden.

Die Know-how Basis im Sanierungsbereich ist nachhaltig ausgedünnt.

Die Situation für Versicherungen und Versorgungswerke

Versicherungen und Versorgungswerke mussten sich in der Vergangenheit wegen ihrer konservativen Anlagepolitik mit Sanierungsthemen kaum beschäftigen.

Dies könnte sich nun ändern, da bedingt durch den Niedrigzins teilweise auch höhere Risiken in die Bücher genommen wurden, entweder als Direktinvestment oder über den Umweg einer verbrieften Kapitalanlage (Anleihen, Schuldscheine, Mezzaninedarlehen).

Wenige Versicherungsunternehmen und Versorgungswerke haben das ausreichende Know- how und die Mitarbeiter-Ressourcen, um einen deutlichen Anstieg an Risikofällen im Immobilienbereich bewältigen zu können.

Die Situation für Immobilienentwickler und Investoren

Die letzte Dekade war von einem stetigen Aufwärtstrend geprägt. Sinkende yields und Zinsen haben Preisanstiege teilweise mehr als ausgeglichen.

Nun treten vermehrt Situationen auf, in denen Nutzungskonzepte in Frage gestellt werden, da sich Rahmenparameter, z.B. im Einzelhandel und im Bereich Hospitality immer deutlicher und nachhaltig ändern werden. Bereits erworbene Grundstücke und Projekte müssen umgeplant, bei den Behörden neue Nutzungen beantragt und verhandelt werden.

Hinzu kommt, dass sich die Kreditvergabekriterien der Banken für Neukredite weiter verschärfen. Dass bei bestehenden Krediten Prolongationen oder evtl. sogar ein Bruch von Covenants die Komplexität der Kunde-Bank-Beziehung deutlich erhöhen wird, ist unausweichlich.

Drei wesentliche Erfolgsfaktoren für eine Sanierung

  1. Know-how und Erfahrung im Bereich der Aktiv-Seite, Immobilienentwicklung, Kontrolle der Baustellen, Verhandlungen mit Kommunen etc..

  2. Know-how und Erfahrung im Bereich der Passiv-Seite, Restrukturierungsgespräche und Verhandlungen mit Banken, Kontrolle und Anpassung von Businessplänen, die von Banken und Mezzanine-Gebern akzeptiert werden.

  3. Sofortige Verfügbarkeit von „Manpower“.

Lösungen können sein

  1. Priorisierung der erforderlichen Maßnahmen und Bildung von „Task forces“ unter Einbindung auch fachfremder Mitarbeiter in der jeweiligen Bank bzw. Unternehmen für zu priorisierende Teilfragen bzw. –komplexe.

  2. Aufsetzen von Firmen- bzw. bankinternen Projektstrukturen und –planungen zur Bewältigung der gleichzeitig anstehenden Aufgaben in der Sanierungsphase.

  3. Einsatz bzw. Integration von externen Fachleuten und Beratern.

RECON vereint umfassende Immobilien- und Finanzierungs- kompetenz mit dem Krisen- und Restrukturierungs-Know-how aus den letzten drei Zyklen.

RECON baut auf einem starken Netzwerk auf. Wir verhandeln auf Augenhöhe mit Kunden, Banken und Behörden und setzen aus einer Hand um.

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Frank Lamby
Immobilien finanzieren in der Krise
 
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Ganz gleich, ob es um die Einhaltung von Covenants bestehender Finanzierungen geht, die Refinanzierung bei Auslaufen aktueller Kreditvereinbarungen ansteht, oder die Neu-Finanzierung einer Immobilie gesucht wird, das Finanzierungsklima hat sich geändert:

  • Zinsen sind gestiegen.

  • Einhaltung der Kreditbedingungen und Risiken sind die Themen der Gespräche mit Betreuern, nicht Neugeschäft.

  • Erste term sheets wurden zurückgezogen, oder Bedingungen verschärft.

Die Liste ließe sich noch fortsetzen.

Hintergrund sind veränderte Parameter an den Kapitalmärkten, aber auch interne Verschiebungen bei den Finanzierern: Während in den Boomjahren die Marktseite dominierte, rücken nun die Marktfolge und die Risikomanager auf die Fahrersitze. Waren in den letzten Jahren Neugeschäftszahlen und Wachstum des Kreditportfolios wesentliche Zielgrößen, rücken nun die Portfolioqualität und die Höhe der gebildeten Vorsorge in den Fokus. Aufsichtsräte, Analysten und Ratingagenturen wollen wissen, wie es um die Qualität der Kredite bestellt ist und wie sich das auf die künftige Unternehmensentwicklung auswirken wird. Ganze Assetklassen, wie EZH, Gastro, Hotel werden „unter Generalverdacht“ gestellt. Ratings haben in der Krise ihre Gültigkeit eingebüßt, fehlen als Orientierung für Entscheidungen. Neugeschäft muss nun besonders gut begründet werden. Altkunden können noch eine „Bankhistorie“ in die Waagschale werfen, Neukunden haben diesen Vorteil nicht.

Es ist aber nicht nur so, dass Kreditnehmer Risiken für Kreditgeber begründen. In einer Krise tragen bisweilen auch Konflikte zwischen Finanzierern oder auch mangelnde Erfahrung im Risikomanagement auf Seiten von Kreditgebern zur Erhöhung der Risiken für die Kreditnehmer bei. So erschweren beispielsweise unterschiedliche Strategien sowie natürliche Interessenkonflikte in komplexen Konsortien mit Vor- und Nachrangfinanzierungen die Vereinbarung gemeinsam getragener Maßnahmenbündel in herausfordernden Situationen.

Was sind daher in dieser Situation Dos und Don‘ts für Kreditnehmer?

Eine vollständige Übersicht der bestehenden Finanzierungen und Finanzierer ist die zentrale Basis:

  • Volumina, Laufzeiten, Covenants, Reportingpflichten?

  • Risikopositionen der Kreditgeber? Strategische Robustheit und Krisenerfahrung, Krisenmanagementkompetenz und -kapazität auf Seiten der Finanzierungspartner?

  • Vertrauensbeziehungen zu wichtigen Personen in den Gremien und in den die Entscheidung vorbereitenden Abteilungen?

Gleichbehandlung bzw. angemessene Differenzierung der Kreditgeber ist das Gebot der Stunde und das gilt nicht nur für die Bedienung der Kredite und die Erfüllung von Covenants, sondern auch für die Informationsversorgung. Am Ende kann auch eine in "normalen" Zeiten nicht so bedeutsame Kreditbeziehung einen verhängnisvollen Dominoeffekt auslösen. Unterschätzen Sie nicht die Bedeutung der gerade in Krisensituationen nur zu menschlichen Bedürfnisse, "ernst genommen" und wertgeschätzt zu werden.

Die Hürden für die Gewinnung neuer Finanzierungspartner in einer Krise sind hoch. Die Partner der Vergangenheit sind höchstwahrscheinlich auch die wesentlichen Partner der näheren Zukunft. In Krisen verlassen mehr Kreditgeber den Markt als neue hinzukommen. Die Pflege der bestehenden Beziehungen ist daher wesentlicher Bestandteil des Managements von Finanzierungsrisiken.

Transparenz ist Trumpf: Marktfolge bzw. die Risikomanager Ihrer Finanzierungspartner machen sich ohnehin ein umfassendes Bild über Ihre Risiken. Nur durch aktive Kommunikation lässt sich dieses Bild frühzeitig beeinflussen. Schaffen Sie Gelegenheiten, um Ihre Sicht der Risiken darzustellen und nutzen Sie die Diskussion über Ihre Risikoanalyse, um mehr über die Befürchtungen und Einschätzungen Ihrer Finanzierungspartner zu erfahren.

Tenor Ihrer Darstellung sollte nicht „die Welt vor der Krise“ sein, sondern eine angepasste Beschreibung unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse und Marktentwicklungen.

Vergleichszahlen, vom Markt und / oder von Mitbewerbern können hilfreich sein. Stellen Sie dazu neben dem aus Ihrer Sicht realistischen "most likely" Szenario auch "worse case" Szenarien dar und erläutern Sie, wie Sie die damit verbundenen Risiken managen.

Wenn es um Bestandsfinanzierungen geht, sollte Ihr Ziel sein, von Ihren Kreditgebern als der beste Manager der damit verbundenen Risiken wahrgenommen zu werden. Wenn Sie eine Neufinanzierung suchen, wollen Sie von Ihren Kreditgebern als ein hochwahrscheinlicher Gewinner der Krise wahrgenommen werden, mit dem man gerne eine langfristige strategische Beziehung auf- oder ausbauen möchte. In allen Fällen ist eine umfassende realistische Erläuterung der Gesamtsituation Ihres Unternehmens unerlässlich.

Die gründliche Vorbereitung von Gesprächen mit Finanzierungspartnern auf der Grundlage einer fundierten Strategie – angesichts aktuell bereits belasteter Ressourcen ggf. mit Hilfe externer Unterstützung - ist daher gerade in der Krise wesentlicher Teil des Risikomanagements.


 
Dr. Bernhard Scholz
Rating in der Krise
 
Piccadilly, Samstag, 28.3.2020

Piccadilly, Samstag, 28.3.2020

 
 

Können wir uns im Angesicht des „lock down“ ganzer Länder und Industrien auf die Ergebnisse bisheriger Ratingsystematiken verlassen?
Die bisherigen Ratings für Immobilien stellen sich wohl überwiegend als zu gut dar. Der mit der aktuellen Krise verbundene Paradigmenwechsel wird uns keine Wahl lassen, neue Kriterien einzuführen oder bestehende deutlich stärker zu gewichten, um so zu einer risikogerechteren Differenzierung zu finden.

Das Rating bei Immobilien ist nicht nur für das Risikomanagement von Banken und Versicherungen von Bedeutung. Auch für die Entscheidungen von Investoren ist es eine „Guideline“ für Portfolioqualität und „Pricing“ bei An- und Verkaufsentscheidungen.

Objektrating und Marktrating sind die wesentlichen Kategorien, in die viele Informationen einfließen, um die Ausfallwahrscheinlichkeit zu messen.
Für das Objektrating sind im Lichte der aktuellen Erfahrungen neue Fragen zu den verschiedenen Assetklassen Office, Logistics, Retail, Hotel, Leisure etc. zu formulieren und zu bewerten.

  • Wie robust sind die Assetklassen im Krisenfall?

  • Welche Auswirkungen auf die cash-flows sind bei teilweiser- oder vollständiger Schließung zu befürchten?

  • Sind die „Erholungsszenarien“ für die jeweiligen Assetklassen unterschiedlich ?

  • Wie stellt sich die „Pyramide“ möglicher staatlicher Schließungs-maßnahmen für die Assetklassen dar (Sportstudios / Lifestyle Services / Baumärkte u.v.a.) oder wie „unabdingbar“ ist die Assetklasse bzw. der Mieter für die tägliche Versorgung (Lebensmittel EZH / Apotheken etc.)?

Die Liste ist lang und könnte noch fortgesetzt werden.


Auch beim Marktrating im länderspezifischen Kontext, mit Faktoren wie z.B. „politische, juristische, steuer- und währungspolitische Rahmenbedingungen“ ergeben sich zusätzliche Bewertungsfragen. Dies gerade im Hinblick auf eine bisher in Teilbereichen unterstellte einheitliche „EU-Zone“.

  • Werden die nationalen Gesundheitssysteme adäquat bewertet? Wie können englische mit französischen, italienischen, spanischen, deutschen Gesundheitssystemen im Hinblick auf „Schockresistenzen“ verglichen werden?

  • Wie wird die wirtschaftliche „stand alone“ Situation nationaler Staaten im Krisenfall (Schließung von Grenzen, Stopp für Lieferungen) wirtschaftlich zu bewerten sein?

  • Wie fließen die Kriterien nationaler Regelungen (z.B. Hilfsprogramme) ein, die evtl. nur Empfänger bzw. Gesellschaften aus den Heimatstaaten berücksichtigen (cross border risk)?

Investoren werden überdenken, ob das Rating bzw. Pricing einer vergleichbaren Immobilienklasse und -qualität z.B. in Mailand, Madrid, London und Berlin noch risikoadäquat und marktgerecht ist.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der jetzigen Pandemie sind sicher nicht adäquat in unseren Ratingsystemen hinterlegt – wie sollten sie auch?

Aber dies sollte Anlass sein, die „Krisensensitivität“ einzelner Assetklassen und Länder im Hinblick auf z.B. Migrationsrisiken, geopolitische Risiken, EU / Euro-Risiken stärker zu prüfen und so eine realistischere „Spreizung“ bei den Ratings herbeizuführen.

 
Frank Lamby
Aktionen in der Krise
 
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Die Krise hat uns alle unvorbereitet getroffen, Kunden, Banken, Konsumenten - und es tut weh !

Banken sorgen sich wegen

  1. einer erhöhten Eigenkapitalunterlegung, da viele Kredite in einem aktuellen Ratingprozess heute schlechter geratet werden müssen,

  2. nach aktuellem, heutigem Stand falsch gepreister Kreditkonditionen,

  3. im Nachhinein zu „lax“ vereinbarter Covenants, die aber im Wettbewerb vor der Krise marktgerecht waren,

  4. möglicher Kreditausfälle und evtl. erforderlicher Kapitalmaßnahmen.

Die Liste ist lang und könnte noch fortgesetzt werden.

Kunden sorgen sich wegen

  1. mangelnder Liquiditätsversorgung,

  2. Antragstellung und rechtzeitige Auszahlung von Unterstützungsmaßnahmen bei KfW oder anderen staatlichen Stellen,

  3. Kündigung von bestehenden oder Nichtverlängerung auslaufender Kreditverträge,

  4. Bruch von „Covenants“ und den damit verbundenen Konsequenzen,

  5. Deutliche Verschlechterung der Konditionen und /oder Forderungen nach Nachbesicherung.

Die Liste ist lang und könnte noch fortgesetzt werden.

Das Umfeld ist auf allen Seiten von Sorgen, Angst und fehlenden Prognosemöglichkeiten angesichts einer nie dagewesenen Situation geprägt.

Es besteht daher dringender Handlungsbedarf mit dem jeweiligen Partner Bank > Kunde / Kunde > Bank ins Gespräch zu kommen.

Und dieser Bedarf besteht für alle Kunden und alle Banken gleichzeitig, da Kreditmittel bereitgestellt bzw. verlängert werden müssen oder Antragstellungen an die KfW geprüft und durchgeleitet werden müssen.

Auf ein solches Szenario ist keine Personalplanung ausgerichtet - und kann es auch nicht sein !

Was kann getan werden, um diese Situation für beide Seiten „managebar“ zu gestalten ?

Aktionen auf Unternehmensseite:

  1. Gleichbehandlung aller Banken in Informations- und Sicherheitsfragen.

  2. Informationsbedürfnisse sammeln und allen Banken ein Informations-paket zur Verfügung stellen. Dies kann helfen Nachfragen und Einsatz weiterer Resourcen zu beschränken.

  3. Aktualisierung bzw. Aufstellung von Liquiditätsplänen mit verschiedenen Szenarien. Proaktives Zugehen auf die Bankenseite spart Zeit.

  4. Antragstellung von „waivern“, um den drohenden Bruch von Covenants zu vermeiden oder zu heilen.

  5. Interne Überlegungen für die Bereitstellung z.B. von Sicherheiten oder Querverhaftungen und die Modalitäten wie diese wieder freigegeben werden sollen – bei Erreichen bestimmter „milestones“ im Prozess der wirtschaftlichen Erholung.

Aktionen auf Bankenseite:

  1. Screening des Kreditbestandes mit verschiedenen Annahmen wegen weiterer Entwicklung und Ausfallszenarien (Portfolioscreening).

  2. Abstimmung mit Ratingagenturen und Verbänden über die Informationsbedürfnisse und Fragenkataloge für die verschiedenen Kundensegmente.

  3. Festlegung von Relevanzdaten z.B. Bulwiengesa, DEHOGA, HDE mit Gutachtern und Kunden um sie proaktiv in die Diskussion mit einzubeziehen.

  4. Sicherstellung der Anforderungen staatlicher Stellen (KFW) und eines schlanken, schnellen Prozesses zur Bewilligung von Liquiditätshilfen.

  5. Etablierung persönlicher Ansprechpartner auch unterhalb der Geschäftsleitung für Rückfragen.

Herausforderungen in diesem Prozess sind:

  1. Zeit – auf Seiten der Banken, da tausende Ihrer Kunden betroffen sind. Ratingagenturen, Aufsicht und Prüfer haben ihrerseits drängende Fragen.

  2. Zeit – auf Seiten der Kunden, da Informationen, die im „Normalgeschäft“ über Wochen zusammengetragen werden können (z.B. Auswirkungen auf die Geschäfte von Mietern) nun binnen „24 Stunden“ verfügbar gemacht werden sollen.

  3. Zeit – auf Seiten der KfW, die sich einer täglich steigenden Flut an Anträgen gegenübersieht (first come – first served) und fürchten muss, die finale Genehmigung und Auszahlung könnte für viele Unternehmen zu spät kommen.

Lösungen können sein:

  1. Aufsetzen von Firmen- / Bankinternen Projektstrukturen und –planungen zur Bewältigung der vielen gleichzeitigen Aufgaben.

  2. Bildung von „Task forces“ unter Einbindung auch fachfremder Mitarbeiter in der jeweiligen Bank bzw. Unternehmen für zu priorisierende Teilfragen bzw. -komplexe.

  3. Zeitlich beschränkter Einsatz, Integration von externen Fachleuten und Beratern.


 
Frank Lamby
Immobilienanleihen im Mittelstand – Risiken für Emittenten?
 
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Anleihen gehören seit langem zu den etablierten Finanzierungsformen im Kapitalmarkt. Neben der klassischen Bankfinanzierung werden sie häufig als wesentlicher weiterer Baustein im Finanzierungs-Mix von Unternehmen eingesetzt, seit der Finanzkrise auch zunehmend im Bereich von deutschen Immobilienunternehmen im Mittelstandssektor.

Während im Jahre 2010 von mittelständischen Immobilienunternehmen 10 Emissionen mit einem Emissionsvolumen von ca. € 260 Mio. am Kapitalmarkt platziert wurden, fanden in 2017 schon 22 Neuemissionen mit einem Volumen von ca. € 4,5 Mrd. Aufnahme am Kapitalmarkt (ohne DAX Unternehmen). Die Scala der Emittenten reicht von M-DAX Unternehmen bis hin zu kleinen Aktiengesellschaften, die häufig im ungeregelten Freiverkehr notieren.

Dass sich Anleihen als Finanzierungsinstrument einer solchen Beliebtheit erfreuen wundert nicht.  Für den Emittenten haben Anleihen viele Vorteile gegenüber einer Bankfinanzierung, wie z.B. eine mögliche Auswahl seiner Finanzierungspartner über den Bankensektor hinaus, die Vermeidung von Konflikten mit Großkreditgrenzen bestehender Finanzierungspartner, die mögliche Kombination mit Kapitalmarktmaßnahmen wie z.B. Kapitalerhöhungen.

Neben diesen Vorzügen beinhalten Immobilienanleihen aber auch für den Emittenten einige Risiken, hierauf soll im Folgenden näher eingegangen werden.

Risiken bei Bonitäts- und Bewertungsaussagen:

Bei der Emission einer Anleihe ist der Emittent frei in der Wahl seiner Prüfer, d.h. von Gutachtern, Bewertungsunternehmen, und Ratingagenturen. Die Gutachter und Prüfer erhalten von dem die Anleihe begebenden Unternehmen einen Auftrag und werden hierfür vergütet. Die Bewertung der Risikofaktoren erfolgt zwar im Rahmen eines Regelwerks, z.B. der Ratingregularien des jeweiligen Unternehmens wird aber vom Emittenten und nicht von einer unabhängigen oder kreditgebenden Stelle beauftragt.

Jegliche (i.d.R. öffentliche) Information des Emittenten nach Außen wird nicht nur von den Anleihegläubigern, sondern auch von sonstigen Finanzierern sorgfältig zur Kenntnis genommen. Jede Abweichung oder Zusatz in Informationsgehalt, -qualität und Zeitpunkt kann zu Irritationen und Rückfragen führen. Insofern empfiehlt es sich, die Kommunikationsstrategie sorgfältig abzustimmen und für alle „provider of finance“ identisch und zeitgleich zu gestalten.

 Risiken bei Sicherheiten und Covenants:

Die Besicherung einer Anleihe muss in Einklang stehen zu sämtlichen Verpflichtungen, die der Emittent gegenüber Drittgläubigern eingegangen ist. Hierzu zählen nicht nur die Bestellung von Grundschulden, sondern auch evtl. Pflichten zur Nachbesicherung, Nichtbelastungserklärung oder pari-passu Regelungen. Es empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung im Vorfeld der Emission, auch unter Einbeziehung unterschiedlicher Szenarien, ob nicht mögliche Konfliktfelder in Zukunft entstehen könnten.

Im Anleiheprospekt absolut gegebene Versprechen (z.B. Ausschüttungspolitik / Negativverpflichtung) können die unternehmerischen Freiheiten stark einschränken und sollten vor Abgabe auf Ihre Konsequenzen bzw. alternative Gestaltungsmöglichkeiten hin überprüft werden.

Dies gilt auch für andere Covenants, wie z.B. LTV-Obergrenzen bei Wertveränderungen des Immobilienbestandes. Hier kann eine step-up Lösung (z.B. Zahlung eines „Premium Zinses“) eine bessere Lösung als eine bei covenant-Bruch bedingte Rückzahlung sein.

 Risiken beim Rating:

Prüfungsmaßstäbe von Ratingagenturen sind unterschiedlich. Die Akzeptanz von Agenturen und deren Ratings im Kapitalmarkt ist teilweise nicht uneingeschränkt. Einige Investoren sehen in Ihren Anlagerichtlinien explizit die Ergebnisse bestimmter Ratingagenturen als Investitionsvoraussetzungen vor und schließen implizit andere Ratings aus.

Falls die zunächst gewählte Ratingagentur nicht die Anforderungen eines breiten Segments an potentiellen Investoren erfüllt, kann dies einen Wechsel der Ratingagentur erforderlich machen. Dies kann in der Folge zu erheblichem Aufwand führen.  

Dieser Aufwand kann sowohl auf der formalen- (Berichtswesen / Testate) als auch auf der inhaltlichen Seite entstehen (Einzelkalkulationen / Planungsrechnungen / Worst case Szenarien) und unternehmensintern erhebliche Kapazitäten binden. Er kann auch zum Ergebnis führen, dass die Anforderungen gar nicht oder nur mit zeitlicher Verzögerung zu erfüllen sind (z.B. Erstellung konso-lidierter Zahlenwerke)

Um sich frühzeitig auf evtl. wandelnde Anforderung des Kapitalmarktes einzustellen, sollte diejenige Ratingagentur in Betracht gezogen werden, die die Kriterien des Kapitalmarktes am besten erfüllt und nicht nur aus einer Augenblicksperspektive günstig ist, sowie eine „unkomplizierte“ Liquiditäts-beschaffung in Aussicht stellt.

 Refinanzierungsrisiken:

Wie kann die begebene Anleihe zum Fälligkeitsstichtag zurückgezahlt werden? Die Risikobetrachtung hängt dabei nicht nur von der Bonität des Emittenten sondern insbesondere von der zu diesem Zeitpunkt zu erwartenden Verfassung der Kapitalmärkte ab.

Am 13.9.2018 hat JPMorgan eine zeitliche Prognose für die nächste Finanzkrise gewagt:

 „JPMorgan Predicts the Next Financial Crisis Will Strike in 2020“  (Bloomberg 13.9.2018)

  • A US stock slide of about 20% percent

  • A jump in U.S. corporate-bond yield premiums of about 1.15 percentage points.

  • A 35 percent tumble in energy prices and 29 percent slump in base metals.

  • A 2.79 percentage point widening in spreads on emerging-nation government debt.

  • A 48 percent slide in emerging-market stocks, and a 14.4 percent drop in emerging currencies.

  • Great liquidity crisis

https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-09-13/jpmorgan-sees-liquidity-wildcard-in-gauging-depth-of-next-crisis


Ob diese Effekte so oder auch nur ähnlich eintreten ist ungewiss. Aber für den Emittenten stellt sich die Frage, welche Risiken für ihn im Immobilienbereich relevant sein könnten.

Steigende Zinsen:

Höhere Zinsen haben nicht nur Auswirkungen auf die Ertragssituation des Unternehmens sondern auch auf die Wertansätze in der Bilanz, somit auf die Bonität und das Rating.

Die möglichen Effekte von Zinserhöhungen werden bisher in einigen, wenigen Risikoberichten von Immobilien-Unternehmen als Risikofaktor thematisiert. So finden wir bei unveränderten Bewertungsfaktoren (cap rates) Auswirkungen bei Erhöhung des Diskontierungszinssatzes um 0,25% in der Bandbreite von ca. 2% der Immobilienwerte.

Zusätzlich ist eine Neubewertung von Assetklassen und in der Folge ein Sinken der Immobilienpreise nicht auszuschließen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich die Entwicklung einer „yield compression“, die wir in der letzten Dekade bei kontinuierlich sinkenden Zinsen gesehen haben  auch in eine „yield extension“ umkehren könnte. Die Sensitivitätsanalysen einiger Unternehmen zeigen mögliche Auswirkungen bei einer Erhöhung der Kapitalisierungszinsätze um 0,25% von bis zu 5% in der Bewertung ihrer Portfolien.

Schlechtere Ratings:

Eine Verschlechterung von Anleiheratings auf breiterer Front, z.B. in Folge einer konjunkturellen Abkühlung kann zu nachhaltigen Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen der Anleihemärkte führen.

Der Effekt von „downgerateten“ Emissionen evtl. auf „non-investment grade“ führt zwangsweise zu Verkäufen vieler institutioneller Anleger und somit zu Preisanpassungen bei bestehenden Emissionen. Diese Emissionen von nun „schlechterer Qualität“ treffen auf eine begrenzte Käuferschicht, die diese Anleihen laut ihren Anlagerichtlinien kaufen dürfen. Schlechtere Ratings führen zu höheren Renditen (high yield bonds) und in der Konsequenz auch zu höheren Anforderungen an Pricing und Sicherheitenpakete für zukünftige Neu- bzw. Anschlussemissionen.

Ob dieser Effekt marginal, oder vielleicht sogar sehr massiv ausfällt hängt von der Breite und Tiefe der konjunkturellen Abkühlung und der hierdurch ausgelösten Ratingverschlechterung ab.

EZB-Ankaufsprogramm:

Nicht zu unterschätzen sind auch die Auswirkungen des ab 2019 erwarteten, veränderten Anleihe-kaufprogramms der EZB, die über die letzten Jahre hochwertige Anleihen in großen Volumina erworben hat. Die Investoren werden damit künftig wieder eine größere Auswahl an Anleihen besserer Qualität, mit guten Ratings und anderen Covenants haben.

Wie sich Immobilienanleihen im Mittelstandsbereich gegen die Qualitäten von z.B. Corporate Bonds mit Ratings von S&P, Moodys schlagen werden und wie der Einfluss auf die Rahmenparameter, Zins und Sicherheiten für Anschluss- oder Neuemissionen sein wird, bleibt spannend.

Verfassung des Immobilienmarktes:

Neben den Risiken der Verfassung des Kapitalmarktes zum Stichtag wird die Situation am Immobilienmarkt von Bedeutung sein. Fällt der Zeitpunkt der Anschlussemission in ein Umfeld sinkender Preise, sinkender Mieten, also eines Abschwungs am Immobilienmarkt, verändert dies die Rahmenparameter für Emittenten und Investoren im Hinblick auf Rückzahlung und Anschlussfinanzierung erheblich. Der Anleiheschuldner muss zum Stichtag zurückzahlen und dies wird in der Regel über eine Neuemission erfolgen.

Während bei einer originären Bankenfinanzierung Gespräche über eine Prolongation des Kredites und- oder eine Anpassung zu veränderten Rahmenparametern eine nicht nur theoretische Möglichkeit sind, scheidet dies bei einer Anleihe schon aufgrund der größeren Anzahl von Gläubigern tendenziell aus.

Der Anleiheemittent muss sich in diesem Szenario erneut mit seinen Bonitäts- und Verzinsungspara-metern dem Votum des Kapitalmarktes „stellen“.

Bankenfinanzierung nicht automatisch Plan B für die Refinanzierung:

Dass eine Bankfinanzierung im Falle einer Eintrübung der Kapitalmärkte eine realistische Alternative ist, darf bezweifelt werden. In einem solchen o.a. Szenario werden sich auch Banken grundsätzlich in Zurückhaltung üben und Kredite noch restriktiver vergeben.

Darüber hinaus offenbart der Emittent mit einer Refinanzierungsanfrage statt einer erfolgreichen Anschlussemission dass er am Kapitalmarkt „durchgefallen“ ist. Die Botschaft an die „banking community“ ist negativ.

In der Konsequenz kann die Anleihe in diesem Szenario die Wirkung eines „Brandbeschleunigers“ haben, die kaum eingedämmt werden kann.

Der Emittent steht evtl. nicht nur ohne Anschlussfinanzierung da, sondern muss auch damit rechnen, dass sich Banken ihm gegenüber auch bei anderen evtl.  bestehenden Finanzierungen vorsichtiger verhalten oder Neuanträge nur noch mit verschärften Auflagen genehmigen.

In der Konsequenz umfasst die Vorbereitung auf eine Emission auch die Prüfung ob unter mehreren denkbaren Szenarien eine Anschlussemission realistisch am Kapitalmarkt platzierbar ist.

Weiterhin muss die Ausgestaltung der Anleihe ausreichende Flexibilität und Gestaltungsmöglich-keiten (Kündigungsrechte / Prolongationsrechte / Wandlungsrechte- bzw. pflichten) enthalten, um dem Emittenten einen Ausweg aus einer Krisensituation zu ermöglichen.

Fazit:

Die Beobachtung und Beherrschung der Risiken bei Anleihen ist für Emittenten von großer Bedeutung. Die Prüfung des Emittenten sollte nicht nur vom Fortbestand einer ungetrübten Situation am Kapitalmarkt ausgehen, sondern auch Stressszenarien mit einbeziehen.

Die Immobilienanleihe nach der Emissionsentscheidung nur „auf Wiedervorlage“ zu legen, wird im Rahmen eines sorgfältigen Risikomanagements nicht ausreichend sein.

Eine Beurteilung im Rahmen eines Risiko-Screenings kann hier Klarheit schaffen und Impulse für rechtzeitiges Handeln setzen.

 

 
Frank Lamby
Immobilienanleihen im Mittelstand – Risiken für Investoren?
 
 
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Anleihen gehören seit langem zu den etablierten Finanzierungsformen im Kapitalmarkt. Neben der klassischen Bankfinanzierung werden sie häufig als wesentlicher weiterer Baustein im Finanzierungs-Mix von Unternehmen eingesetzt, seit der Finanzkrise auch zunehmend im Bereich von deutschen Immobilienunternehmen im Mittelstandssektor.

Während im Jahre 2010 von mittelständischen Immobilienunternehmen 10 Emissionen mit einem Emissionsvolumen von ca. € 260 Mio. am Kapitalmarkt platziert wurden, fanden in 2017 schon 22 Neuemissionen mit einem Volumen von ca. € 4,5 Mrd. Aufnahme am Kapitalmarkt (ohne DAX Unternehmen). Die Scala der Emittenten reicht von M-DAX Unternehmen bis hin zu kleinen Aktiengesellschaften, die häufig im ungeregelten Freiverkehr notieren.

Dass sich Anleihen von Immobilienunternehmen einer solchen „Popularität“ erfreuen, ist nicht zuletzt dem positiven Image des Immobilienmarktes im vergangenen Jahrzehnt mit seinen konstanten Preissteigerungen zu verdanken. Auch das Investitionsverhalten von Versicherungen, Pensionskassen und Kreditinstituten (Depot A) im Niedrigzinsumfeld führt zu einer starken Nachfrage und in der Folge zu immer neuen Platzierungsrekorden.

Der aktuell boomende Immobilienmarkt darf aber nicht den Blick für die spezifischen mit einer solchen Anleihe verbundenen Risiken verstellen. Während der Laufzeit der Anleihe sind dies neben den Prüfungs- und Bewertungsrisiken im Wesentlichen das Ausfall- / Bonitätsrisiko, das Zinsänderungsrisiko, das Inflationsrisiko / Marktwertänderungsrisiko und das Liquiditätsrisiko (eingeschränkte Handelbarkeit). 

Auf einige dieser Risikofelder und ihrer Teilaspekte soll nachfolgend eingegangen werden.

 

Prüfungs- und Bewertungsrisiken:

Während beim Bankkredit das Risikomanagement des nach KWG regulierten Kreditinstituts „Regie bei der Risikoprüfung“ und auch bei der Bestimmung der Informationserfordernisse führt, liegt die Initiative für die Informationsbereitstellung bei der Anleiheemission beim Emittenten selbst. Die Bank gibt im ersten Fall die Prüfungs- und Bewertungsmaßstäbe für Businesspläne und z.B. Immobilienbewertung und Sicherheiten vor, prüft diese und genehmigt den Kredit nach KWG Vorschriften.  Häufig ist das Ergebnis „binär“. Für gut befundene Risiken werden akzeptiert, „nicht genehmigungsfähige“ Risiken werden abgelehnt. Eine Akzeptanz solcher Risiken zu höheren Preisen findet i.d.R. nicht statt.

Bei der Emission einer Anleihe ist der Emittent frei in der Wahl seiner Prüfer, d.h. von Gutachtern, Bewertungsunternehmen, Ratingagenturen und der Zusammensetzung möglicher Sicherheiten. Die Gutachter und Prüfer erhalten von dem die Anleihe begebenden Unternehmen einen Auftrag und werden hierfür vergütet. Die Bewertung der Risikofaktoren erfolgt zwar im Rahmen eines Regelwerks, z.B. der Ratingregularien des jeweiligen Unternehmens, aber eben nicht unabhängig. 

Die „Kreditentscheidung“ findet schließlich unter Vermittlung der die Emission begleitenden Gesellschaft / Bank auf Basis der vom Emittenten zur Verfügung gestellten Information durch den Kapitalmarkt, d.h. die Investoren, statt. Die angesprochenen Anleger entscheiden, ob das Risiko zum angebotenen Zinssatz „platzierungsfähig“ ist oder ob der „Kupon“ größer sein muss.

Bonitätsrisiken:

Die Bonitätsanalyse und -einschätzung des Unternehmens bzw. einer Anleihe liefert eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen die Anleihe nicht störungsfrei bedienen und zurückzahlen kann. Dies wird i.d.R. im Ratingreport für den Investor zusammengefasst. Neben der ausführlichen Beschreibung des Unternehmens erfolgt eine Zusammenfassung von positiven und negativen „ratingrelevanten Faktoren“. Der Schlüssel, mit welcher Gewichtung einzelne Faktoren in das Ratingergebnis Eingang gefunden haben, bleibt häufig ein Geheimnis der Autoren. Somit muss sich der Investor teilweise selber die Frage beantworten, ob die unter „Minus“ aufgeführten Risiken, wie z.B  - Verschuldungsprofil (Anleihen / Fristenkongruenz)  oder - Fristenstruktur der Finanzierung  - oder „obligatorische Sicherheiten nur teilweise installiert“, existenzielle Risiken sind, die zum Default führen können, oder nur als formal und somit materiell untergeordnet zu betrachten sind.

Unabhängig hiervon ist der „time-lag“ mit dem die Investoren über die Situation des Unternehmens unterrichtet werden, teilweise problematisch. Folgeratings und Monitoring informieren den Anleger bisweilen nur unregelmäßig und mit teilweiser erheblicher Verzögerung (z.B. 12 Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres). Dies gilt auch für die Einhaltung evtl. vereinbarter „financial covenants“ und deren in den Anleihebedingungen vorgesehenen Konsequenzen bei einem „breach of covenants“, wie z.B. Zahlung erhöhter Zinssätze. Eine zeitnahe Reaktion des Anlegers ist somit kaum möglich.

Sicherheitenrisiken:

Die Faktoren, die an einer objektiven Verlässlichkeit des Risikoprofils Zweifel erwecken können, umfassen auch die „Auftragsbewertung“ der Immobilien die i.d.R. von keiner Bank im Auftrag des Anleiheemittenten unbesehen akzeptiert werden. Die Frage nach den Details des Gutachtens, der zugrunde gelegten Annahmen (Vollvermietung ?, zukünftiger Verkauf zu einem Faktor X ? ) werden i.d.R. nicht aus dem Emissionsprospekt oder dem Ratingbericht beantwortet. Die Bandbreite der Sicherheiten, ihrer Struktur und ihrer Überprüfung durch Gutachter ist groß. 

Ob nach dem Emissionsdatum die Werte der Sicherheiten in jedem Fall periodisch überprüft werden, ist keineswegs sichergestellt. Regelmäßige Überprüfung, die bei Werteverfall eine evtl. Sicherheiten-verstärkung durch den Emittenten auslösen könnten (covenant breach) sind teilweise nur auf Anforderung des Anleiheschuldners realisierbar. 

Weiterhin kann auch die Möglichkeit des Austauschs von Sicherheiten (evtl. auch gegen Grund-stücke) oder die teilweise Freigabe vereinzelt in den Anleihebedingungen geregelt sein. 

Dieses o.a. Problemfeld wird häufig umgangen indem die Anleihe von vorneherein „unbesichert“ ist. Diese Form der „unbesicherten“ Anleihen wächst stetig. Sie geht häufig einher mit einer „Nichtbelastungserklärung“ (negative pledge) oder „Gleichrangerklärung“. Ob sich hinter einer solchen Erklärung tatsächlich und wenn ja in welcher Höhe Vermögenswerte verbergen, die dem Anleihegläubiger im Insolvenzfall zur Verfügung stehen, wird erst dann transparent, wenn Umfang und Art und Weise bereits bestehender Sicherheitenverträge zugunsten von Drittgläubigern bzw. Banken offengelegt werden. Hierunter fallen z.B. auch Nachbesicherungspflichten aus Kredit-verträgen. Eine solche Offenlegung erfolgt aber im Regelfall nicht.

Refinanzierungsrisiken:

Wie kann die begebene Anleihe zum Fälligkeitsstichtag zurückgezahlt werden? Die Risikobetrachtung hängt dabei nicht nur von der Bonität der Emittenten sondern insbesondere von der zu diesem Zeitpunkt zu erwartenden Verfassung der Kapitalmärkte ab. 

Steigende Zinsen:

Höhere Zinsen haben nicht nur Auswirkungen auf die Ertragssituation des Unternehmens sondern auch auf die Wertansätze in der Bilanz, somit auf die Bonität und das Rating.

Die möglichen Effekte von Zinserhöhungen werden bisher in einigen, wenigen Risikoberichten von Immobilien-Unternehmen als Risikofaktor thematisiert. So finden wir bei unveränderten Bewertungsfaktoren (cap rates) Auswirkungen bei Erhöhung des Diskontierungszinssatzes um 0,25% in der Bandbreite von ca. 2% der Immobilienwerte. 

Zusätzlich ist eine Neubewertung von Assetklassen und in der Folge ein Sinken der Immobilienpreise nicht auszuschließen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich die Entwicklung einer „yield compression“, die wir in der letzten Dekade bei kontinuierlich sinkenden Zinsen gesehen haben, auch in eine „yield extension“ umkehren könnte. Die Sensitivitätsanalysen einiger Unternehmen zeigen mögliche Auswirkungen bei einer Erhöhung der Kapitalisierungszinsätze um 0,25% von bis zu minus 5% in der Bewertung ihrer Portfolien.

EZB-Ankaufsprogramm:

Nicht zu unterschätzen sind auch die Auswirkungen des ab 2019 geplanten, veränderten Anleihe-kaufprogramms der EZB, die über die letzten Jahre hochwertige Anleihen in großen Volumina erworben hat. Die Investoren werden nach Auslauf des Ankaufsprogramms von aktuell monatlich 30 Mrd., ab Oktober 15 Mrd. und ab 2019 Wiederanlage im Volumen auslaufender Anlagen, künftig wieder eine größere Auswahl an Anleihen besserer Qualität, mit guten Ratings und anderen Covenants haben.

Wie sich Immobilienanleihen im Mittelstandsbereich gegen die Qualitäten von z.B. Corporate Bonds mit Ratings von S&P, Moodys schlagen werden und wie der Einfluss auf die Rahmenparameter, Zins und Sicherheiten für Anschluss- oder Neuemissionen sein wird, bleibt spannend.

Verfassung des Immobilienmarktes:

Neben den Risiken der Verfassung des Kapitalmarktes zum Stichtag wird die Situation am Immobilienmarkt von Bedeutung sein. Fällt der Zeitpunkt der Anschlussemission in ein Umfeld sinkender Preise, sinkender Mieten, also eines Abschwungs am Immobilienmarkt, verändert dies die Rahmenparameter für Emittent und Investoren im Hinblick auf Rückzahlung und Anschlussfinanzierung erheblich. Der Anleiheschuldner muss zum Stichtag zurückzahlen und dies wird in der Regel über eine Neuemission erfolgen.

Die alternative Option einer Anschlussfinanzierung durch den Bankensektor dürfte sich in einem solchen Szenario als schwierig erweisen.

Während bei einer originären Bankenfinanzierung Gespräche über eine Prolongation des Kredites und- oder eine Anpassung zu veränderten Rahmenparametern eine nicht nur theoretische Möglichkeit sind, scheidet dies bei einer Anleihe schon aufgrund der größeren Anzahl von Gläubigern tendenziell aus. 

Der Anleiheemittent muss sich in diesem Szenario erneut mit seinen Bonitäts- und Verzinsungsparametern dem Votum des Kapitalmarktes „stellen“.

 

Fazit:

Die Beobachtung und Beherrschung der Risiken bei Anleihen ist für Investoren von großer Bedeutung. Nicht nur Verstöße gegen Solvency II oder evtl. Fehlerfeststellungen der DPR, auch mögliche Regressforderungen gegen die Verantwortlichen stehen im Raum und müssen vermieden werden.

Die Immobilienanleihe nach der Investitionsentscheidung nur „ins Depot zu legen“ wird im Rahmen eines sorgfältigen Risikomanagements nicht ausreichend sein.

Eine Beurteilung im Rahmen eines Risiko-Screenings kann hier Klarheit schaffen und Impulse für rechtzeitiges Handeln setzen.

 

 
Frank Lamby
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“a rising tide lifts all boats”
(J. F. Kennedy),
but “only when the tide goes out
do you discover who’s been swimming naked”
(W. Buffett)

 

Das gilt auch für die Finanzierungsstruktur von Immobilienunternehmen: Wenn die aktuelle Liquiditätsschwemme der nächsten -verknappung weicht, werden derzeit noch latente Risiken in Finanzierungsstrukturen von Immobilienunternehmen offengelegt. Für ein Gegensteuern ist es dann jedoch bereits zu spät.

Risikomanagement von Immobilienunternehmen fokussiert sich typischerweise auf die asset-Seite der Bilanz. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Finanzierungsrisiken mindestens im gleichen Maß die Existenz von Unternehmen gefährden können.  

Konjunkturindikatoren mit verhaltenem Ausblick haben derzeit Hochkonjunktur - auch hinsichtlich der Immobilienmärkte in Deutschland. Dies bedeutet nicht, dass eine Korrektur der Märkte unmittelbar bevorsteht, jedoch steigt deren Wahrscheinlichkeit in näherer Zukunft. Nach einer anhaltend positiven Entwicklung auf den Immobilienmärkten seit der letzten Finanzkrise und angesichts der erreichten historisch hohen Bewertung ist es ja letztendlich eine Frage der Zeit, wann eine zyklische Wende einsetzt.

Eine solche Korrektur setzt auch nicht einen deutlichen Anstieg der Zinsen voraus. Ein Szenario, in dem die EZB die Leitzinsen unverändert lässt und die Immobilienmärkte nur die konjunkturelle Entwicklung nachvollziehen, ist durchaus realistisch.

Aus einer solchen Korrektur resultieren nicht nur Immobilienrisiken, sondern auch Finanzierungsrisiken. Zusammen mit einer angemessenen Einbeziehung von Risikomaßen zur Finanzierung in das Risikoreporting erhöht das vorausschauende Management dieser Finanzierungsrisiken die Krisenresilienz des Unternehmens und schützt die Organe im Krisenfall.   

Die aktuell für Schuldner geradezu paradiesischen Zustände auf den Immobilienfinanzierungsmärkten sorgen für schier unerschöpfliche Liquidität zu historisch günstigen Konditionen. Eine Vielzahl neuer Finanzierungspartner ist in den letzten Jahren auf der Jagd nach Rendite neu in den Markt eingetreten, die verschärfte Konkurrenz sorgt für immer weniger relevante covenants. Kapitalmarktfinanzierungen, so sinnvoll und effizient sie für die großen Immobilien-Kapitalgesellschaften sind, befriedigen inzwischen auch die Liquiditätsbedürfnisse eher intransparenter Unternehmen mit begrenztem track-record.

In der letzten, großen Finanzkrise versiegte die bis dahin im Überschuss vorhandene Liquidität quasi über Nacht. Der Kapitalmarkt stand als Finanzierungsquelle von plötzlich nur noch für sehr gut geratete Adressen zur Verfügung. Finanzierer, die gestern noch bereitwillig auch nachrangige Tranchen zu attraktiven Konditionen bereitgestellt hatten, stellten damals hastig ihre Aktivitäten ein. Banken vergaben weiterhin Kredite, beschränkten sich aber weitgehend auf die Verlängerung bereits vergebener Kredite und die Unterstützung langjähriger Bestandskunden. Und das auch nur zu deutlich veränderten Konditionen. Offene Kreditlinien wurden tw. gekündigt. Zugesagte, jedoch noch nicht vertraglich fixierte Kredite, wurden verschiedentlich zurückgezogen. Bisweilen wurden noch nicht gezogene Kredittranchen nur unter erheblichen zusätzlichen Bedingungen ausbezahlt. Neue Kredite bei neuen Finanzierungs-Partnern zur Realisierung von Projekten hatten monatelang Seltenheitswert.

Die Stabilität des Finanzsystems wurde in den letzten Jahren deutlich verbessert, die grundsätzlichen Reaktionsmechanismen bleiben aber unverändert wirksam. Bei wahrnehmbaren Marktkorrekturen werden Risikobewertungsmaßstäbe angepasst, Risikoüberlegungen gewinnen massiv an Bedeutung in den Entscheidungsprozessen, die Risikomanager dominieren die Diskussionen, die resultierende Finanzierungszurückhaltung dämpft die Nachfrage auf den Immobilienmärkten. Die Entwicklungen an den Immobilienmärkten und Immobilienfinanzierungsmärkten verstärken sich wechselseitig.

Unabhängig von der Verfügbarkeit von Liquidität zur (Re-)Finanzierung von Immobilieninvestitionen und -projekten führen Wertkorrekturen und die mit konjunkturellen Schwächephasen verbundenen Probleme von Mietern vermehrt zu covenant-Brüchen. Die Folgen sind Verknappung von laufender freier Liquidität aus der operativen Tätigkeit bzw. zur Notwendigkeit, zusätzliches Eigenkapital einzuschießen.

Angesichts der aktuell noch sehr entspannten Situation auf den Immobilien- und Immobilienfinanzierungsmärkten kann und mag man sich solche Negativszenarien kaum vorstellen. Manchen mögen sie auch übertrieben pessimistisch erscheinen. Die Erfahrungen der vergangenen Krisen zeigen jedoch, dass die Realität die zuvor erwarteten Risikoszenarien durchaus auch noch übertreffen kann.

Kaum jemand wird in der Lage sein, den exakten Wendepunkt im Zyklus zu bestimmen, und auch den Verlauf der nächsten Krise werden wir - wie bei der letzten - erst im Nachhinein erklären können. Umso drängender stellt sich die Frage, wie sich Immobilienunternehmen auf eine Korrektur der Finanzierungsmärkte so vorbereiten können, dass sie diese nicht nur ohne Schäden überstehen, sondern auch die sich gerade in schwierigen Marktphasen bietenden außerordentlichen Ertragschancen für sich nutzen können.

Börsen-gelistete Immobilienunternehmen sind verpflichtet, im Rahmen des regelmäßigen Reportings ihre Risiken und damit auch die Finanzierungsrisiken darzustellen. Doch auch für Unternehmen, die nicht diesen Transparenzerfordernissen unterliegen, sollte die Beantwortung zentraler Fragen des Risikomanagements für die Passivseite der Bilanz zum Standardrepertoir der regulären internen Berichterstattung gehören:

Ist die Struktur der Finanzierungspartnerschaften ausreichend diversifiziert und robust, um im Krisenfall auch bei gleichzeitigem Eintreffen von mehr als einem der oben beschriebenen Ereignisse auf den Finanzierungsmärkten die Neu- und Refinanzierung von Projekten zu gewährleisten? Oder bringt der Ausfall einer einzigen zentralen Finanzierungsquelle das Unternehmen an den Rand einer Existenzkrise?

Sind die Reichweiten der bestehenden Finanzierungen ausreichend, um auch Verzögerungen bei der Realisierung von Projekten zu unterstützen? Sind die Restlaufzeiten der Bestandsfinanzierungen ausreichend und gut gestreut, oder fallen größere Refinanzierungen zeitlich nahe zusammen?

Wären in einem realistischen downside-Szenario die aus covenant-Brüchen resultierenden Einschränkungen der Liquidität und oder Belastungen des freien Eigenkapitals vernachlässigbar, relevant jedoch managebar, oder massiv belastend?

Diese und weitere für die individuelle Risikobewertung wesentlichen Fragen sind im Rahmen realistischer, aber auch herausfordernder Szenarien zu analysieren. Eine Überprüfung der Finanzierungen anhand von Risikoszenarien sensibilisiert das Management nicht nur für möglicherweise bestehende Verbesserungspotenziale, die in der aktuellen Lage auf den Finanzierungsmärkten auch noch umgesetzt werden können, sondern kann auch Teil der Argumentation gegenüber Aufsicht, DPR und den eigenen Aufsichtsorganen sein.

In Analogie zu einer Versicherung, die man nicht abschließt, weil man den Eintritt des zu versichernden Ereignisses erhofft, bleibt zu hoffen, dass die Risikoszenarien, die im Rahmen der Überprüfung der Finanzierungsstrukturen zugrunde gelegt werden, nicht eintreten. Angesichts der unverändert zyklischen Natur von Immobilienmärkten nicht rechtzeitig ein solides Risikoreporting und -management auch der Finanzierungsseite des Unternehmens installiert und auch "Notfallpläne" durchgespielt zu haben, erschiene jedoch ähnlich kurzsichtig wie die Einsparung notwendiger Versicherungen.  


Veranstaltungshinweis: 
Dieses, aber auch viele weitere Themen des Risikomanagements bei Immobilienunternehmen sind Gegenstand des
ICG Real Estate Board Academy: Seminar I „Operational Excellence“
27.-28. September 2018, 
Hotel am Steinplatz, Berlin. 

Infos dazu: http://www.icg-institut.de/

 

 
Variable Finanzierungen haben sich sehr lange gelohnt. Doch der Blick zurück ist trügerisch.
 

Erschienen auf www.irebs-immobilienakademie.de

Eine Studie zweier ehemaliger Bundesbank-Ökonomen im Auftrag einer süddeutschen Finanzberatung zeigte jüngst auf, dass in den Jahren seit 1956 eine Immobilienfinanzierung über 20 Jahre mit einer langfristigen Zinsbindung in mehr als 90% der Fälle teurer war als eine mit variablen Zinsen. Dabei wurden für jedes Jahr die Finanzierungskosten einer insgesamt 20-jährigen (vermutlich 2-mal 10-jährigen – die Studie ist nicht auf der Webseite der Finanzberatung veröffentlicht) Festzinsfinanzierung mit den Kosten einer variablen Finanzierung über die gleichen 20 Jahre verglichen. Da die Studie sowohl der Immobilienzeitung als auch dem Handelsblatt einen Artikel wert war, scheint durchaus Interesse an der Frage variabler oder fixer Zinsen zu bestehen.

Umso wichtiger scheint es, die Argumente nüchtern zu hinterfragen und zu würdigen.

Auch ohne den exakten Aufbau der Studie zu kennen, lässt sich die grundsätzliche Aussage, dass eine variable Finanzierung in den letzten Dekaden in der Regel günstiger als eine mit fixen Zinsen war, auch z. B. anhand von groben Jahres-Zeitreihen des Sachverständigenrates (leider erst ab 1960) bestätigen (https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/download/zeitreihen/ZR053.xlsx). Das Ergebnis entspricht ja auch dem common sense und der ökonomischen Logik: Für den Schutz vor Unsicherheit über die Höhe der Finanzierungskosten bezahlt der Kreditnehmer bei langfristiger Zinsbindung eine Prämie gegenüber der variablen Finanzierung. Reduzierung von Risiko kostet Geld!

Die Frage ist jedoch, welche Relevanz dieses Wissen um den Kostenvergleich nun für eine strategische Entscheidung für die eine oder die andere Form der Finanzierung im konkreten Fall hat. Noch wichtiger als die reinen Kosten der Finanzierung – und das Handelsblatt weist darauf auch richtigerweise hin – ist die Fähigkeit, den Kredit nicht nur im Durchschnitt, sondern auch in jeder einzelnen Periode während der Laufzeit bedienen zu können.

Bei variablen Zinsen können die Finanzierungskosten während der Laufzeit schwanken und auch deutlichen Steigerungen unterworfen sein. Dies ist kein rein theoretisches Risiko, wie die unglücklichen Immobilieninvestoren in Spanien, Irland und den USA mit variabel verzinslichen Krediten, die in den Jahren nach 2008 ihre Raten nicht mehr zahlen konnten und ihre Immobilien verloren, belegen. Auch ein Blick in die bereits erwähnten Zahlen des Sach-verständigenrates ergibt, dass es in dem relevanten Zeitraum seit den 60ern mehrere markante Anstiege der kurzfristigen Zinsen gab: Zuletzt vor der letzten großen Finanzkrise um mehr als 2%-Punkte, zuvor mehrfach um rd. 6%-Punkte!

Wichtiger als die Kosten der Finanzierung ist somit, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein plausibel erachteter Zinsanstieg bei variabler Finanzierung zu Zahlungsschwierigkeiten führen würde. Ob die vorhandenen Liquiditätspuffer ausreichen, lässt sich anhand von Finanzierungskennzahlen wie Interest- oder Debt-Service-Cover-Ratio bzw. einem Vergleich des tragbaren Kapitaldienstes oder Debt Yield mit dem aktuellen Kapitaldienst abschätzen. Szenariorechnungen auf Basis entsprechender Stressszenarien können weitere Erkenntnisse hierzu liefern. Aufgrund der existentiellen Bedeutung von Liquidität für den Fortbestand einer Unternehmung lohnt hier eine gründlichere Betrachtung als der reine Vergleich der Finanzierungskosten auf jeden Fall.

Natürlich könnte man auch darauf setzen, einen Anstieg der kurzfristigen Zinsen rechtzeitig vorab erkennen zu können und sich dann frühzeitig abzusichern. Falls man aber über diese ökonomische Fähigkeit der zuverlässigen Vorhersage von Zinsentwicklungen verfügt, sollte man lieber dieses Wissen konsequent durch Investition in entsprechende Finanzinstrumente zu leicht verdientem Geld machen und nicht den mühsamen Weg über Immobilieninvestitionen wählen. Sich auf eine solche Prognosefähigkeit zu verlassen, bedeutet jedenfalls, dass man die eigenen ökonomischen Fähigkeiten oder die der Berater für höher hält als die Fähigkeiten der übrigen Marktteilnehmer (Banken, Versicherungen, Fondsgesellschaften, Zentralbanken, etc.), denn nur dann wäre die frühzeitige Absicherung billig genug, um noch Vorteile aus der ursprünglichen variablen Finanzierung zu erhalten.

Eine andere Möglichkeit bestünde darin, aus Liquiditätsüberschüssen, die ja aufgrund der zumindest anfänglich günstigeren variablen Finanzierung gegenüber der zinsfixen Variante vorhanden sein sollten, eine Reserve anzulegen. Da diese Reserve jedoch wiederum nur variabel angelegt werden könnte, um jederzeit verfügbar zu sein, entstünden hier Opportunitätskosten, die gegen die Kostenvorteile aus der variablen Finanzierung gestellt werden müssten. Ob eine solche Konstruktion dann noch insgesamt Vorteile gegenüber einer Finanzierung mit fixen Zinsen hätte, hängt vom konkreten Einzelfall ab, ließe sich aber individuell berechnen.

Ein weiteres Argument für variable Finanzierungen könnte sein, dass es zumindest so aussieht, als hätten seit Einführung des Euroraums und der Zuständigkeit der EZB die Zinsschwankungen abgenommen. Selbst wenn man annähme, dass die EZB weiser und besser steuere als die alte Bundesbank, bliebe abzuwarten, wie im aktuellen politischen Europaklima eine solche Steuerung über die nächsten Dekaden hinweg funktionieren kann. Angesichts der mit weniger als zwei Dekaden noch kurzen Erfahrung mit der aktuellen europäischen Finanzverfassung scheint Skepsis als Grundhaltung jedoch angesichts der existentiellen Bedeutung von Liquidität als Form kaufmännischer Vorsicht angemessen.

Das m. E. wichtigste Argument, warum man gerade jetzt den Vergleich der Kosten von variabler und fixer Finanzierung aus der Vergangenheit als Entscheidungsgrund für eine variable Finanzierung mit großer Vorsicht anwenden sollte, ist jedoch die Ergebnisverzerrung, der die eingangs erwähnte Studie notwendig in einem Zeitraum unterliegt, in dem die Zinsen im Trend gesunken sind.

In diesem Fall sind die anfänglichen variablen Zinsen mit hoher Wahrscheinlichkeit höher sowohl als die am Ende der 10-Jahresperiode als auch die durchschnittlichen Zinsen während dieser 10-Jahresperiode. Wenn der anfängliche variable Zins unter dem 10-jährigen Zins liegt, was bei normalem Verlauf der Zinsstrukturkurve der Fall ist, wird auch mit hoher Wahrscheinlichkeit der durchschnittliche variable Zins unter dem 10-jährigen Zins liegen. Eine normale Zinsstrukturkurve heißt aber gerade deshalb normal, weil deutlich häufiger als andersherum, die kurzfristigen (variablen) Zinsen niedriger sind als die langfristigen – siehe auch das eingangs gebrauchte Argument, dass Risikoreduzierung typischerweise kostet.

Wenn man davon ausgeht, dass die aktuellen Zinsen historisch niedrig sind und nicht dauerhaft in den negativen Bereich weiter absinken werden, wird diese Verzerrung jedoch künftig wahrscheinlich entfallen, falls die Zinsen einfach die nächsten Dekaden nahe Null verharren, oder sich umkehren, falls die Zinsen wieder tendenziell ansteigen.

Insofern gilt es abzuwägen, ob man einer Strategie folgen möchte, die in den letzten Dekaden zwar in Bezug auf die Kosten der Finanzierung funktioniert hat, deren Grundlage jedoch eine historische Zinsentwicklung war, die sich so nicht fortsetzen muss. Die Kostenvorteile einer variablen gegenüber einer zinsfixen Finanzierung werden in der Zukunft möglicherweise geringer sein als in der Vergangenheit, falls die Zinsen nicht mehr weiter sinken und das bei unverändert gegebenen Illiquiditätsrisiken im Fall massiverer Zinsschwankungen.

Die für Immobilienunternehmen sehr günstige Finanzierungslandschaft der letzten Jahre führt tendenziell zu einer Unterschätzung der Risiken aus der Finanzierungsseite. Eigentlich sollten uns die Erfahrungen aus der letzten großen Krise gelehrt haben, dass diese eine durchaus ähnliche Dimension wie die immobilienseitigen Risiken aufweisen, diese Erfahrungen verblassen jedoch natürlicherweise mit der Zeit. Auch deshalb rentiert ein Blick auf die historischen Zahlen – siehe auch oben erwähnter Link.

Kompletter Artikel als PDF (erschienen in STAND.PUNKT, Ausgabe 71 der iRebs)