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Immobilien finanzieren in der Krise

 
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Ganz gleich, ob es um die Einhaltung von Covenants bestehender Finanzierungen geht, die Refinanzierung bei Auslaufen aktueller Kreditvereinbarungen ansteht, oder die Neu-Finanzierung einer Immobilie gesucht wird, das Finanzierungsklima hat sich geändert:

  • Zinsen sind gestiegen.

  • Einhaltung der Kreditbedingungen und Risiken sind die Themen der Gespräche mit Betreuern, nicht Neugeschäft.

  • Erste term sheets wurden zurückgezogen, oder Bedingungen verschärft.

Die Liste ließe sich noch fortsetzen.

Hintergrund sind veränderte Parameter an den Kapitalmärkten, aber auch interne Verschiebungen bei den Finanzierern: Während in den Boomjahren die Marktseite dominierte, rücken nun die Marktfolge und die Risikomanager auf die Fahrersitze. Waren in den letzten Jahren Neugeschäftszahlen und Wachstum des Kreditportfolios wesentliche Zielgrößen, rücken nun die Portfolioqualität und die Höhe der gebildeten Vorsorge in den Fokus. Aufsichtsräte, Analysten und Ratingagenturen wollen wissen, wie es um die Qualität der Kredite bestellt ist und wie sich das auf die künftige Unternehmensentwicklung auswirken wird. Ganze Assetklassen, wie EZH, Gastro, Hotel werden „unter Generalverdacht“ gestellt. Ratings haben in der Krise ihre Gültigkeit eingebüßt, fehlen als Orientierung für Entscheidungen. Neugeschäft muss nun besonders gut begründet werden. Altkunden können noch eine „Bankhistorie“ in die Waagschale werfen, Neukunden haben diesen Vorteil nicht.

Es ist aber nicht nur so, dass Kreditnehmer Risiken für Kreditgeber begründen. In einer Krise tragen bisweilen auch Konflikte zwischen Finanzierern oder auch mangelnde Erfahrung im Risikomanagement auf Seiten von Kreditgebern zur Erhöhung der Risiken für die Kreditnehmer bei. So erschweren beispielsweise unterschiedliche Strategien sowie natürliche Interessenkonflikte in komplexen Konsortien mit Vor- und Nachrangfinanzierungen die Vereinbarung gemeinsam getragener Maßnahmenbündel in herausfordernden Situationen.

Was sind daher in dieser Situation Dos und Don‘ts für Kreditnehmer?

Eine vollständige Übersicht der bestehenden Finanzierungen und Finanzierer ist die zentrale Basis:

  • Volumina, Laufzeiten, Covenants, Reportingpflichten?

  • Risikopositionen der Kreditgeber? Strategische Robustheit und Krisenerfahrung, Krisenmanagementkompetenz und -kapazität auf Seiten der Finanzierungspartner?

  • Vertrauensbeziehungen zu wichtigen Personen in den Gremien und in den die Entscheidung vorbereitenden Abteilungen?

Gleichbehandlung bzw. angemessene Differenzierung der Kreditgeber ist das Gebot der Stunde und das gilt nicht nur für die Bedienung der Kredite und die Erfüllung von Covenants, sondern auch für die Informationsversorgung. Am Ende kann auch eine in "normalen" Zeiten nicht so bedeutsame Kreditbeziehung einen verhängnisvollen Dominoeffekt auslösen. Unterschätzen Sie nicht die Bedeutung der gerade in Krisensituationen nur zu menschlichen Bedürfnisse, "ernst genommen" und wertgeschätzt zu werden.

Die Hürden für die Gewinnung neuer Finanzierungspartner in einer Krise sind hoch. Die Partner der Vergangenheit sind höchstwahrscheinlich auch die wesentlichen Partner der näheren Zukunft. In Krisen verlassen mehr Kreditgeber den Markt als neue hinzukommen. Die Pflege der bestehenden Beziehungen ist daher wesentlicher Bestandteil des Managements von Finanzierungsrisiken.

Transparenz ist Trumpf: Marktfolge bzw. die Risikomanager Ihrer Finanzierungspartner machen sich ohnehin ein umfassendes Bild über Ihre Risiken. Nur durch aktive Kommunikation lässt sich dieses Bild frühzeitig beeinflussen. Schaffen Sie Gelegenheiten, um Ihre Sicht der Risiken darzustellen und nutzen Sie die Diskussion über Ihre Risikoanalyse, um mehr über die Befürchtungen und Einschätzungen Ihrer Finanzierungspartner zu erfahren.

Tenor Ihrer Darstellung sollte nicht „die Welt vor der Krise“ sein, sondern eine angepasste Beschreibung unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse und Marktentwicklungen.

Vergleichszahlen, vom Markt und / oder von Mitbewerbern können hilfreich sein. Stellen Sie dazu neben dem aus Ihrer Sicht realistischen "most likely" Szenario auch "worse case" Szenarien dar und erläutern Sie, wie Sie die damit verbundenen Risiken managen.

Wenn es um Bestandsfinanzierungen geht, sollte Ihr Ziel sein, von Ihren Kreditgebern als der beste Manager der damit verbundenen Risiken wahrgenommen zu werden. Wenn Sie eine Neufinanzierung suchen, wollen Sie von Ihren Kreditgebern als ein hochwahrscheinlicher Gewinner der Krise wahrgenommen werden, mit dem man gerne eine langfristige strategische Beziehung auf- oder ausbauen möchte. In allen Fällen ist eine umfassende realistische Erläuterung der Gesamtsituation Ihres Unternehmens unerlässlich.

Die gründliche Vorbereitung von Gesprächen mit Finanzierungspartnern auf der Grundlage einer fundierten Strategie – angesichts aktuell bereits belasteter Ressourcen ggf. mit Hilfe externer Unterstützung - ist daher gerade in der Krise wesentlicher Teil des Risikomanagements.


 
Dr. Bernhard Scholz