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“a rising tide lifts all boats”
(J. F. Kennedy),
but “only when the tide goes out
do you discover who’s been swimming naked”
(W. Buffett)

 

Das gilt auch für die Finanzierungsstruktur von Immobilienunternehmen: Wenn die aktuelle Liquiditätsschwemme der nächsten -verknappung weicht, werden derzeit noch latente Risiken in Finanzierungsstrukturen von Immobilienunternehmen offengelegt. Für ein Gegensteuern ist es dann jedoch bereits zu spät.

Risikomanagement von Immobilienunternehmen fokussiert sich typischerweise auf die asset-Seite der Bilanz. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Finanzierungsrisiken mindestens im gleichen Maß die Existenz von Unternehmen gefährden können.  

Konjunkturindikatoren mit verhaltenem Ausblick haben derzeit Hochkonjunktur - auch hinsichtlich der Immobilienmärkte in Deutschland. Dies bedeutet nicht, dass eine Korrektur der Märkte unmittelbar bevorsteht, jedoch steigt deren Wahrscheinlichkeit in näherer Zukunft. Nach einer anhaltend positiven Entwicklung auf den Immobilienmärkten seit der letzten Finanzkrise und angesichts der erreichten historisch hohen Bewertung ist es ja letztendlich eine Frage der Zeit, wann eine zyklische Wende einsetzt.

Eine solche Korrektur setzt auch nicht einen deutlichen Anstieg der Zinsen voraus. Ein Szenario, in dem die EZB die Leitzinsen unverändert lässt und die Immobilienmärkte nur die konjunkturelle Entwicklung nachvollziehen, ist durchaus realistisch.

Aus einer solchen Korrektur resultieren nicht nur Immobilienrisiken, sondern auch Finanzierungsrisiken. Zusammen mit einer angemessenen Einbeziehung von Risikomaßen zur Finanzierung in das Risikoreporting erhöht das vorausschauende Management dieser Finanzierungsrisiken die Krisenresilienz des Unternehmens und schützt die Organe im Krisenfall.   

Die aktuell für Schuldner geradezu paradiesischen Zustände auf den Immobilienfinanzierungsmärkten sorgen für schier unerschöpfliche Liquidität zu historisch günstigen Konditionen. Eine Vielzahl neuer Finanzierungspartner ist in den letzten Jahren auf der Jagd nach Rendite neu in den Markt eingetreten, die verschärfte Konkurrenz sorgt für immer weniger relevante covenants. Kapitalmarktfinanzierungen, so sinnvoll und effizient sie für die großen Immobilien-Kapitalgesellschaften sind, befriedigen inzwischen auch die Liquiditätsbedürfnisse eher intransparenter Unternehmen mit begrenztem track-record.

In der letzten, großen Finanzkrise versiegte die bis dahin im Überschuss vorhandene Liquidität quasi über Nacht. Der Kapitalmarkt stand als Finanzierungsquelle von plötzlich nur noch für sehr gut geratete Adressen zur Verfügung. Finanzierer, die gestern noch bereitwillig auch nachrangige Tranchen zu attraktiven Konditionen bereitgestellt hatten, stellten damals hastig ihre Aktivitäten ein. Banken vergaben weiterhin Kredite, beschränkten sich aber weitgehend auf die Verlängerung bereits vergebener Kredite und die Unterstützung langjähriger Bestandskunden. Und das auch nur zu deutlich veränderten Konditionen. Offene Kreditlinien wurden tw. gekündigt. Zugesagte, jedoch noch nicht vertraglich fixierte Kredite, wurden verschiedentlich zurückgezogen. Bisweilen wurden noch nicht gezogene Kredittranchen nur unter erheblichen zusätzlichen Bedingungen ausbezahlt. Neue Kredite bei neuen Finanzierungs-Partnern zur Realisierung von Projekten hatten monatelang Seltenheitswert.

Die Stabilität des Finanzsystems wurde in den letzten Jahren deutlich verbessert, die grundsätzlichen Reaktionsmechanismen bleiben aber unverändert wirksam. Bei wahrnehmbaren Marktkorrekturen werden Risikobewertungsmaßstäbe angepasst, Risikoüberlegungen gewinnen massiv an Bedeutung in den Entscheidungsprozessen, die Risikomanager dominieren die Diskussionen, die resultierende Finanzierungszurückhaltung dämpft die Nachfrage auf den Immobilienmärkten. Die Entwicklungen an den Immobilienmärkten und Immobilienfinanzierungsmärkten verstärken sich wechselseitig.

Unabhängig von der Verfügbarkeit von Liquidität zur (Re-)Finanzierung von Immobilieninvestitionen und -projekten führen Wertkorrekturen und die mit konjunkturellen Schwächephasen verbundenen Probleme von Mietern vermehrt zu covenant-Brüchen. Die Folgen sind Verknappung von laufender freier Liquidität aus der operativen Tätigkeit bzw. zur Notwendigkeit, zusätzliches Eigenkapital einzuschießen.

Angesichts der aktuell noch sehr entspannten Situation auf den Immobilien- und Immobilienfinanzierungsmärkten kann und mag man sich solche Negativszenarien kaum vorstellen. Manchen mögen sie auch übertrieben pessimistisch erscheinen. Die Erfahrungen der vergangenen Krisen zeigen jedoch, dass die Realität die zuvor erwarteten Risikoszenarien durchaus auch noch übertreffen kann.

Kaum jemand wird in der Lage sein, den exakten Wendepunkt im Zyklus zu bestimmen, und auch den Verlauf der nächsten Krise werden wir - wie bei der letzten - erst im Nachhinein erklären können. Umso drängender stellt sich die Frage, wie sich Immobilienunternehmen auf eine Korrektur der Finanzierungsmärkte so vorbereiten können, dass sie diese nicht nur ohne Schäden überstehen, sondern auch die sich gerade in schwierigen Marktphasen bietenden außerordentlichen Ertragschancen für sich nutzen können.

Börsen-gelistete Immobilienunternehmen sind verpflichtet, im Rahmen des regelmäßigen Reportings ihre Risiken und damit auch die Finanzierungsrisiken darzustellen. Doch auch für Unternehmen, die nicht diesen Transparenzerfordernissen unterliegen, sollte die Beantwortung zentraler Fragen des Risikomanagements für die Passivseite der Bilanz zum Standardrepertoir der regulären internen Berichterstattung gehören:

Ist die Struktur der Finanzierungspartnerschaften ausreichend diversifiziert und robust, um im Krisenfall auch bei gleichzeitigem Eintreffen von mehr als einem der oben beschriebenen Ereignisse auf den Finanzierungsmärkten die Neu- und Refinanzierung von Projekten zu gewährleisten? Oder bringt der Ausfall einer einzigen zentralen Finanzierungsquelle das Unternehmen an den Rand einer Existenzkrise?

Sind die Reichweiten der bestehenden Finanzierungen ausreichend, um auch Verzögerungen bei der Realisierung von Projekten zu unterstützen? Sind die Restlaufzeiten der Bestandsfinanzierungen ausreichend und gut gestreut, oder fallen größere Refinanzierungen zeitlich nahe zusammen?

Wären in einem realistischen downside-Szenario die aus covenant-Brüchen resultierenden Einschränkungen der Liquidität und oder Belastungen des freien Eigenkapitals vernachlässigbar, relevant jedoch managebar, oder massiv belastend?

Diese und weitere für die individuelle Risikobewertung wesentlichen Fragen sind im Rahmen realistischer, aber auch herausfordernder Szenarien zu analysieren. Eine Überprüfung der Finanzierungen anhand von Risikoszenarien sensibilisiert das Management nicht nur für möglicherweise bestehende Verbesserungspotenziale, die in der aktuellen Lage auf den Finanzierungsmärkten auch noch umgesetzt werden können, sondern kann auch Teil der Argumentation gegenüber Aufsicht, DPR und den eigenen Aufsichtsorganen sein.

In Analogie zu einer Versicherung, die man nicht abschließt, weil man den Eintritt des zu versichernden Ereignisses erhofft, bleibt zu hoffen, dass die Risikoszenarien, die im Rahmen der Überprüfung der Finanzierungsstrukturen zugrunde gelegt werden, nicht eintreten. Angesichts der unverändert zyklischen Natur von Immobilienmärkten nicht rechtzeitig ein solides Risikoreporting und -management auch der Finanzierungsseite des Unternehmens installiert und auch "Notfallpläne" durchgespielt zu haben, erschiene jedoch ähnlich kurzsichtig wie die Einsparung notwendiger Versicherungen.  


Veranstaltungshinweis: 
Dieses, aber auch viele weitere Themen des Risikomanagements bei Immobilienunternehmen sind Gegenstand des
ICG Real Estate Board Academy: Seminar I „Operational Excellence“
27.-28. September 2018, 
Hotel am Steinplatz, Berlin. 

Infos dazu: http://www.icg-institut.de/

 

 
Variable Finanzierungen haben sich sehr lange gelohnt. Doch der Blick zurück ist trügerisch.
 

Erschienen auf www.irebs-immobilienakademie.de

Eine Studie zweier ehemaliger Bundesbank-Ökonomen im Auftrag einer süddeutschen Finanzberatung zeigte jüngst auf, dass in den Jahren seit 1956 eine Immobilienfinanzierung über 20 Jahre mit einer langfristigen Zinsbindung in mehr als 90% der Fälle teurer war als eine mit variablen Zinsen. Dabei wurden für jedes Jahr die Finanzierungskosten einer insgesamt 20-jährigen (vermutlich 2-mal 10-jährigen – die Studie ist nicht auf der Webseite der Finanzberatung veröffentlicht) Festzinsfinanzierung mit den Kosten einer variablen Finanzierung über die gleichen 20 Jahre verglichen. Da die Studie sowohl der Immobilienzeitung als auch dem Handelsblatt einen Artikel wert war, scheint durchaus Interesse an der Frage variabler oder fixer Zinsen zu bestehen.

Umso wichtiger scheint es, die Argumente nüchtern zu hinterfragen und zu würdigen.

Auch ohne den exakten Aufbau der Studie zu kennen, lässt sich die grundsätzliche Aussage, dass eine variable Finanzierung in den letzten Dekaden in der Regel günstiger als eine mit fixen Zinsen war, auch z. B. anhand von groben Jahres-Zeitreihen des Sachverständigenrates (leider erst ab 1960) bestätigen (https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/download/zeitreihen/ZR053.xlsx). Das Ergebnis entspricht ja auch dem common sense und der ökonomischen Logik: Für den Schutz vor Unsicherheit über die Höhe der Finanzierungskosten bezahlt der Kreditnehmer bei langfristiger Zinsbindung eine Prämie gegenüber der variablen Finanzierung. Reduzierung von Risiko kostet Geld!

Die Frage ist jedoch, welche Relevanz dieses Wissen um den Kostenvergleich nun für eine strategische Entscheidung für die eine oder die andere Form der Finanzierung im konkreten Fall hat. Noch wichtiger als die reinen Kosten der Finanzierung – und das Handelsblatt weist darauf auch richtigerweise hin – ist die Fähigkeit, den Kredit nicht nur im Durchschnitt, sondern auch in jeder einzelnen Periode während der Laufzeit bedienen zu können.

Bei variablen Zinsen können die Finanzierungskosten während der Laufzeit schwanken und auch deutlichen Steigerungen unterworfen sein. Dies ist kein rein theoretisches Risiko, wie die unglücklichen Immobilieninvestoren in Spanien, Irland und den USA mit variabel verzinslichen Krediten, die in den Jahren nach 2008 ihre Raten nicht mehr zahlen konnten und ihre Immobilien verloren, belegen. Auch ein Blick in die bereits erwähnten Zahlen des Sach-verständigenrates ergibt, dass es in dem relevanten Zeitraum seit den 60ern mehrere markante Anstiege der kurzfristigen Zinsen gab: Zuletzt vor der letzten großen Finanzkrise um mehr als 2%-Punkte, zuvor mehrfach um rd. 6%-Punkte!

Wichtiger als die Kosten der Finanzierung ist somit, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein plausibel erachteter Zinsanstieg bei variabler Finanzierung zu Zahlungsschwierigkeiten führen würde. Ob die vorhandenen Liquiditätspuffer ausreichen, lässt sich anhand von Finanzierungskennzahlen wie Interest- oder Debt-Service-Cover-Ratio bzw. einem Vergleich des tragbaren Kapitaldienstes oder Debt Yield mit dem aktuellen Kapitaldienst abschätzen. Szenariorechnungen auf Basis entsprechender Stressszenarien können weitere Erkenntnisse hierzu liefern. Aufgrund der existentiellen Bedeutung von Liquidität für den Fortbestand einer Unternehmung lohnt hier eine gründlichere Betrachtung als der reine Vergleich der Finanzierungskosten auf jeden Fall.

Natürlich könnte man auch darauf setzen, einen Anstieg der kurzfristigen Zinsen rechtzeitig vorab erkennen zu können und sich dann frühzeitig abzusichern. Falls man aber über diese ökonomische Fähigkeit der zuverlässigen Vorhersage von Zinsentwicklungen verfügt, sollte man lieber dieses Wissen konsequent durch Investition in entsprechende Finanzinstrumente zu leicht verdientem Geld machen und nicht den mühsamen Weg über Immobilieninvestitionen wählen. Sich auf eine solche Prognosefähigkeit zu verlassen, bedeutet jedenfalls, dass man die eigenen ökonomischen Fähigkeiten oder die der Berater für höher hält als die Fähigkeiten der übrigen Marktteilnehmer (Banken, Versicherungen, Fondsgesellschaften, Zentralbanken, etc.), denn nur dann wäre die frühzeitige Absicherung billig genug, um noch Vorteile aus der ursprünglichen variablen Finanzierung zu erhalten.

Eine andere Möglichkeit bestünde darin, aus Liquiditätsüberschüssen, die ja aufgrund der zumindest anfänglich günstigeren variablen Finanzierung gegenüber der zinsfixen Variante vorhanden sein sollten, eine Reserve anzulegen. Da diese Reserve jedoch wiederum nur variabel angelegt werden könnte, um jederzeit verfügbar zu sein, entstünden hier Opportunitätskosten, die gegen die Kostenvorteile aus der variablen Finanzierung gestellt werden müssten. Ob eine solche Konstruktion dann noch insgesamt Vorteile gegenüber einer Finanzierung mit fixen Zinsen hätte, hängt vom konkreten Einzelfall ab, ließe sich aber individuell berechnen.

Ein weiteres Argument für variable Finanzierungen könnte sein, dass es zumindest so aussieht, als hätten seit Einführung des Euroraums und der Zuständigkeit der EZB die Zinsschwankungen abgenommen. Selbst wenn man annähme, dass die EZB weiser und besser steuere als die alte Bundesbank, bliebe abzuwarten, wie im aktuellen politischen Europaklima eine solche Steuerung über die nächsten Dekaden hinweg funktionieren kann. Angesichts der mit weniger als zwei Dekaden noch kurzen Erfahrung mit der aktuellen europäischen Finanzverfassung scheint Skepsis als Grundhaltung jedoch angesichts der existentiellen Bedeutung von Liquidität als Form kaufmännischer Vorsicht angemessen.

Das m. E. wichtigste Argument, warum man gerade jetzt den Vergleich der Kosten von variabler und fixer Finanzierung aus der Vergangenheit als Entscheidungsgrund für eine variable Finanzierung mit großer Vorsicht anwenden sollte, ist jedoch die Ergebnisverzerrung, der die eingangs erwähnte Studie notwendig in einem Zeitraum unterliegt, in dem die Zinsen im Trend gesunken sind.

In diesem Fall sind die anfänglichen variablen Zinsen mit hoher Wahrscheinlichkeit höher sowohl als die am Ende der 10-Jahresperiode als auch die durchschnittlichen Zinsen während dieser 10-Jahresperiode. Wenn der anfängliche variable Zins unter dem 10-jährigen Zins liegt, was bei normalem Verlauf der Zinsstrukturkurve der Fall ist, wird auch mit hoher Wahrscheinlichkeit der durchschnittliche variable Zins unter dem 10-jährigen Zins liegen. Eine normale Zinsstrukturkurve heißt aber gerade deshalb normal, weil deutlich häufiger als andersherum, die kurzfristigen (variablen) Zinsen niedriger sind als die langfristigen – siehe auch das eingangs gebrauchte Argument, dass Risikoreduzierung typischerweise kostet.

Wenn man davon ausgeht, dass die aktuellen Zinsen historisch niedrig sind und nicht dauerhaft in den negativen Bereich weiter absinken werden, wird diese Verzerrung jedoch künftig wahrscheinlich entfallen, falls die Zinsen einfach die nächsten Dekaden nahe Null verharren, oder sich umkehren, falls die Zinsen wieder tendenziell ansteigen.

Insofern gilt es abzuwägen, ob man einer Strategie folgen möchte, die in den letzten Dekaden zwar in Bezug auf die Kosten der Finanzierung funktioniert hat, deren Grundlage jedoch eine historische Zinsentwicklung war, die sich so nicht fortsetzen muss. Die Kostenvorteile einer variablen gegenüber einer zinsfixen Finanzierung werden in der Zukunft möglicherweise geringer sein als in der Vergangenheit, falls die Zinsen nicht mehr weiter sinken und das bei unverändert gegebenen Illiquiditätsrisiken im Fall massiverer Zinsschwankungen.

Die für Immobilienunternehmen sehr günstige Finanzierungslandschaft der letzten Jahre führt tendenziell zu einer Unterschätzung der Risiken aus der Finanzierungsseite. Eigentlich sollten uns die Erfahrungen aus der letzten großen Krise gelehrt haben, dass diese eine durchaus ähnliche Dimension wie die immobilienseitigen Risiken aufweisen, diese Erfahrungen verblassen jedoch natürlicherweise mit der Zeit. Auch deshalb rentiert ein Blick auf die historischen Zahlen – siehe auch oben erwähnter Link.

Kompletter Artikel als PDF (erschienen in STAND.PUNKT, Ausgabe 71 der iRebs)